Als ich so ungefähr 3 oder 4 Jahre alt war, so genau weiß ich das nicht mehr, da begann ich an der Existenz des Osterhasen zu zweifeln…
Als ich so ungefähr 3 oder 4 Jahre alt war, so genau weiß ich das nicht mehr, da begann ich an der Existenz des Osterhasen zu zweifeln. An Weihnachten hatte ich nämlich herausgefunden, dass das Christkind meine verkleidete Tante gewesen war, die einen Spitzenvorhang vorm Gesicht hatte und ihre Stimme angestrengt liebevoll verstellt hatte.
Konnte es also sein, dass meine Tante nun als Hase verkleidet im Garten herumhüpfen würde???
Das Risiko nicht an den Osterhasen zu glauben, wollte ich aber auch nicht eingehen. Wenn der dann wirklich auftauchte und sauer war, dass ich kein Nest für ihn gebaut hatte, dann gab’s bestimmt keine bunten Eier. Also ging Opa mit mir in den Wald Moos sammeln, aus dem wurde im Garten ein absolut hochwertiges Nest für den Osterhasen gebaut. Da wurde nicht an moosiger Polsterung gespart. Irgendwie muss Opa meine Zweifel an der Osterhasenexistenz gespürt haben. Jedenfalls hoppelte am Ostermorgen ein echter fetter Hase um mein Osternest herum. Ich war total überwältigt und begeistert bis in die Haarspitzen. Es war jedenfalls auf den ersten Blick klar, das war nicht meine Tante. Die fraß nämlich nie die ersten grünen Gartenkräuter. Das tat aber dieser Hase.
Und ich war nun ganz sicher: Das war er, der absolut echte unverfälschte authentische Osterhase, wenn nicht sogar der Ober-Osterhase höchstpersönlich. Erst Jahre später erfuhr ich die furchtbare Wahrheit: Der Osterhase damals war aus dem Stall des Nachbarn nur ausgeliehen um mich armes kleines Bübchen länger an Wunder glauben zu lassen. Aber ich muss damals schon etwas von
einem Sozi in mir gehabt haben, denn ich verteidigte den Hasen gegen meine Oma, die ihn aus den ersten Schnittlauchspitzen vertreiben wollte. Mein Ober-Osterhase durfte die grünen Stängelchen ratzeputz abfressen. Denn wer so schwer arbeitet wie der Osterhase, soll auch vernünftig essen dürfen, oder?
Euer Willy
