Die „Bürgermeister-Staffel“ im Gespräch

Wölfersheim ist bekannt dafür, dass hier seit Jahrzehnten politisch erfolgreich und verlässlich gearbeitet wird. Dafür steht die stabile Mehrheit der SPD in der Gemeindevertretung, aber auch die Kontinuität im Rathaus. Darüber und über einiges mehr haben wir mit unserem Bürgermeister Eike See und seinen Vorgängern Rouven Kötter und Joachim Arnold gesprochen.

Eike, Du bist jetzt seit zwei Jahren im Amt. Was hat Dich besonders überrascht, was hast Du anders erwartet?

Eike See (ES): Da ich vor meiner Wahl schon mehr als 7 Jahre im Rathaus gearbeitet hatte, gab es zum Glück keine großen Überraschungen. Toll war, wie schnell meine Mitarbeiter mich als ihren neuen Chef wahrgenommen und akzeptiert haben. Ich hätte gedacht, der Wechsel vom Kollegen zum Vorgesetzten dauert länger.

Du trägst Verantwortung für fast 10.000 Bürgerinnen und Bürger. Was sind aus Deiner Sicht dabei besondere Herausforderungen?

ES: Die Frage lässt sich nicht mit drei Sätzen beantworten. Dank der erfolgreichen Unternehmen vor Ort und des soliden Wirtschaftens in der Vergangenheit haben wir ein gutes finanzielles Fundament. Daher können wir uns den Herausforderungen erfolgreicher stellen, als andere Kommunen dies tun können. Konkrete Beispiele sind die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, der stetige Ausbau der Kinderbetreuung, die Förderung unserer Schulen, der Ausbau des ÖPNV, eine gute Seniorenarbeit und die Förderung unserer Vereine.

Joachim, Du bist 1993 als erster Bürgermeister der Gemeinde direkt gewählt worden, warst vorher schon als Erster Beigeordneter in Wölfersheim in Verantwortung. Wenn Du heute von außen auf die Arbeitssituation des Wölfersheimer Bürgermeisters blickst, was hat sich Deiner Meinung nach am stärksten verändert?

Joachim Arnold (JA): Die Rahmenbedingungen, unter denen Menschen beruflich tätig sind, ändern sich in allen Bereichen dynamisch, so auch die Arbeitssituation und Aufgabenstellung des Bürgermeisters. Stand zu meiner Zeit als Bürgermeister der Aufbau von Strukturen, das Neugestalten und das Machen nach dem Ende der Braunkohle- und Kraftwerksära im Vordergrund, so steht heute das Moderieren, Vermitteln, Ermöglichen und die jederzeitige Kommunikationsfähigkeit auf vielen Kanälen im Fokus der Erwartungen der Menschen in unserer Gemeinde. Und das macht Eike als Bürgermeister in exzellenter Art und Weise, im Übrigen auch durch die in der Wetterau einmalige wöchentliche Videobotschaft, in denen alle interessierten Wölfersheimer Bürgerinnen und Bürger über aktuelle Themen und Ereignisse regelmäßig und transparent per Video auf YouTube modern und zukunftsweisend informiert werden.

Rouven, Du bist seit März 2018 in Frankfurt beim Regionalverband tätig. Verfolgst Du das Geschehen in Wölfersheim noch, so beispielsweise die wöchentlichen Videos von Eike?

Rouven Kötter (RK): Natürlich! Mein Lebensmittelpunkt war, ist und bleibt in Wölfersheim und ich verfolge selbstverständlich das Geschehen hier bei uns. Da ich den Gemeindespiegel nicht mehr automatisch auf den Schreibtisch bekomme, habe ich ihn abonniert. Ich war auch mal als Zuschauer in der Gemeindevertretung, aber wenn man es gewohnt ist, dort zu diskutieren und man dann nichts mehr sagen darf – das hat mich zu sehr aufgeregt (lacht). Eikes wöchentliches Video gehört übrigens fest zu unserem Familienprogramm. Da bekommt man kurz und bündig mit, was in der Gemeinde los ist. Eine tolle Idee.

Eike, Du hast schon ein Drittel Deiner ersten Amtszeit rum. Welche Projekte möchtest Du in den nächsten vier Jahren auf jeden Fall umsetzen?

ES: Einige! Die neue Turnhalle für unsere Grundschüler und Vereine und das neue Feuerwehrgerätehaus für Melbach und Södel sind in den nächsten zwei Jahren die größten Bauprojekte. Das 1.250 jährige Jubiläum von Wohnbach im Jahr 2021 und ein Jahr später das 50 jährige Bestehen unser Gemeinde werden mit Sicherheit die kulturellen Höhepunkte. In Wohnbach laufen die Planungen schon auf Hochtouren, hier freue ich mich wirklich sehr drauf. Wirtschaftlich möchte ich natürlich das REWE-Projekt abschließen und die 550 Arbeitnehmer und 20 Azubis in Wölfersheim begrüßen. Ein Meilenstein für Wölfersheim wird die Reaktivierung der Bahnstrecke zwischen Wölfersheim und Hungen sein. So können Wölfersheimer in weniger als 50 Minuten und ohne Umsteigen in Frankfurt am Bahnhof sein. Für diese Mammutaufgabe reicht aber wahrscheinlich meine erste Amtszeit nicht aus.

Stichwort „zweite Amtszeit“: Rouven, Du bist nach der ersten Amtszeit mit 95,7 % wiedergewählt worden. Man kann also behaupten, die Wölfersheimer waren sehr zufrieden mit Dir und Deiner Arbeit: gibst Du Eike eigentlich Tipps und Ratschläge, also mischt Du Dich ein?

RK: Als Joachim mir 2008 den Rathausschlüssel übergeben hat, sagte er zu mir: ‚Ab jetzt habe ich keine öffentliche Meinung mehr zu Wölfersheim. Du wirst von mir keine Ratschläge hören, aber ich bin jederzeit für Dich da, wenn Du Dich mit jemandem austauschen möchtest.‘ Das hat mich sehr beeindruckt und er hat das auch so eingehalten. Ich habe mich oft mit Joachim ausgetauscht und er hat mir auch klar seine Meinung gesagt, die nicht immer mit meiner übereingestimmt hat (lacht). Aber er hat akzeptiert und mich dabei unterstützt, dass ich einen eigenen Weg gegangen bin. Genau so halte ich es auch mit Eike. Er braucht keine besserwisserischen Ratschläge von mir.

Und Eike, hält er sich auch dran?

ES: (lacht) Absolut. Wir haben einen guten, freundschaftlichen Kontakt, gehen gern zusammen zur Eintracht oder zu unserem Stammtisch, aber er hat bei seinem Amtswechsel Joachim zitiert und angekündigt, es genau so halten zu wollen. Wer Rouven kennt, weiß, dass er sein Wort hält.

Joachim, Deine Wiederwahl als Landrat 2014 war ebenfalls beeindruckend, Du hast in allen Kommunen der Wetterau vorn gelegen. Das gab es vorher noch nie. Das war sicher auch das Ergebnis Deiner intensiven Arbeit und Gespräche vor Ort. Wie viele Kilometer bist Du als Landrat im Schnitt pro Jahr in der Wetterau unterwegs gewesen und was waren dabei persönliche Highlights für Dich?

JA: Jedes Jahr kamen mindestens 35.000 km alleine mit dem Auto zusammen, ohne die zusätzlichen per Zug, Fahrrad oder auf Schusters Rappen. Bei den persönlichen Highlights mit Außenwirkung ist aus meiner Sicht u.a. zu nennen, die Fundamente geschaffen zu haben für eine breit aufgestellte und vernetzte Wirtschaftsförderung, die Gründung der Tourismusregion Wetterau und die Wetterau zur Premiummarke in Hessen entwickelt zu haben, so u.a. in der Weise, dass die Wetterau heute zu den 10 bestversorgtesten Landkreisen in Deutschland bezüglich Breitbandausbau gehört. Höhepunkte waren für mich aber auch persönliche Begegnungen und unmittelbare Meinungsaustausche mit sehr honorigen Menschen der Zeitgeschichte, wie z.B. Egon Bahr und Richard von Weizsäcker.

Während die SPD auf Landes- und Bundesebene große Schwierigkeiten hat, erhält sie in Wölfersheim seit vielen Jahren das überwältigende Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Zuletzt über 67 % bei der Kommunalwahl. Woran liegt das Eurer Meinung nach?

ES: Wir sagen klar, was wir machen und wozu wir stehen, auch wenn das vielleicht mal nicht jedem passt. Die Leute wissen bei uns, woran sie sind. Bei uns steht immer die Gemeinde und deren Bürger im Vordergrund.

JA: Es liegt daran, dass die Wölfersheimer SPD sich immer zuerst als die „Wölfersheim Partei“ begriffen und entsprechend gehandelt hat, d.h. sie ergreift Partei im Sinne der objektiven Interessen der breiten Mehrheit der Wölfersheimer Bürgerinnen und Bürger. Das wird glaubhaft auch dadurch gewährleistet, dass die Gemeindevertreter der SPD in Wölfersheim alle Teile der örtlichen Bevölkerung widerspiegeln.

RK: Dem ist nichts hinzuzufügen.

In Euren Jobs bleibt sicher nicht so viel Zeit zum Lesen. Aber: Welches Buch liegt gerade auf Eurem Nachttisch?

ES: Da liegen gerade zwei. Das aktuelle von Dietrich Faber, ich muss ja wissen was bei seiner Lesung im nächsten Jahr auf mich zukommt und natürlich das Buch „Teamgeist“ von Eintracht Coach Adi Hütter, in dem er erklärt, wie man eine Mannschaft motiviert und zu Hochleistungen führt.

RK: Da ich mittlerweile viel Zeit im Auto und der Bahn verbringe, habe ich Hörbücher für mich entdeckt. Momentan liest mir Sasa Stanisic sein Buch „Herkunft“ vor. Kann ich absolut empfehlen. Auf meinem Nachttisch liegt gerade „Die Geschichte der Bienen“ von Maja Lunde. Bei allem Stress: Zeit zum Lesen sollte man sich immer nehmen, insbesondere vorm Schlafen.

JA: „Mitte und Maß“ von Herfried Münkler, ein international geachteter Historiker mit Friedberger Wurzeln. Laut Süddeutscher Zeitung spricht er eine klare Sprache der Vernunft. Das Buch vermittelt erhellende Blicke auf Mitte und Maß aller Dinge im Lichte der seit der Antike gültigen philosophischen Erkenntnissen des Aristoteles bis zu Gier- und Hysteriedebatten unserer Tage.

Wenn Ihr irgendwann mal im Ruhestand seid und auf Eure Zeit als Bürgermeister zurückblickt. Was werdet Ihr dabei denken?

ES: Die Frage kann ich noch nicht beantworten, dafür bin nicht noch nicht lange genug im Amt. Ich hoffe aber, dass die Wölfersheimer Bürger über mich sagen werden, dass sie mit meiner Arbeit zufrieden waren und ich ein guter Bürgermeister war.

JA: Es hat sich gelohnt, hart für unsere Heimatgemeinde zu arbeiten und die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen und genutzt zu haben, dass Wölfersheim für viele Menschen ein attraktiver Wohn- und Lebensort geworden ist. Besonders freut es mich dann rückblickend festzustellen, dass die jeweiligen Übergaben des Staffelstabs an meine Nachfolger als Bürgermeister bestens geklappt haben und sie mit ihren eigenen Akzentsetzungen, Antworten und Taten auf die aktuellen Fragen und Herausforderungen der jeweiligen Zeit im objektiven Interesse der Bürger, ob jung oder alt, ob Einheimischer oder Zugezogener, ob Frau oder Mann durch eine stabile Mehrheit der Wölfersheimer SPD immer unterstützt wurden.

RK: Ich bin mir absolut sicher, dass ich sagen werde: ‚Das war die beruflich spannendste, anstrengendste und zugleich schönste Zeit meines Lebens‘.

Danke für das Gespräch.