Der Tod gehört zum Leben – zum Leben gehört der Tod

Mit den Anträgen der Wölfersheimer SPD-Fraktion zur Erweiterung der Bestattungsmöglichkeiten erfahren die Friedhöfe eine immense Aufwertung

Getragen von der eigenen leidvollen Sterbebegleitung einer nahen Angehörigen durfte die Familie der Gemeindevertreterin Magda Gerlach die positive Erfahrung mit der Betreuung im Hospiz St. Barbara in Oberursel machen. Diese Erlebnisse lehrten sie einen neuen Blick auf das Thema „Sterben in unserer Gesellschaft“.

Die Themen Hospiz und Kultur des Erinnerns als Niederschlag in den Bestattungskulturen wurden in vielen Arbeitsstunden innerhalb eines Arbeitskreises in der SPD Wölfersheim erörtert. Ein erster Antrag der SPD-Fraktion zum Beitritt der Kommune Wölfersheim zum im März 2019 neu gegründeten „Förderverein Hospiz Wetterau e.V.“ wurde im April 2019 im Parlament einstimmig angenommen. Der Wetteraukreis hat, als einer der größten Kreise Hessens, kein eigenes stationäres Hospiz. Diesen missliebigen Zustand mit einem stationären Hospiz in Bad Nauheim zu beseitigen, ist das erklärte Ziel des Fördervereins. Die Umsetzung und Fortführung des Vorhabens benötigt die Unterstützung aller Kommunen im Wetteraukreis, vieler freiwilliger Spender und Sponsoren, denn vom Förderverein müssen jährlich 5% der laufenden Kosten aufgebracht werden.

“Die Sterbenden sind wichtig, weil es sie gibt.
Sie sind bis zum letzten Augenblick ihres Lebens wichtig,
und wir werden alles tun, damit sie nicht nur in Frieden sterben,
sondern auch bis zuletzt leben können.” (Leitsatz des Fördervereins Hospiz Wetterau e.V.)

Der zweite und weitaus weitergehende Antrag, der sich als Resultat aus der Arbeit des Arbeitskreises ergab, ist die Weitergestaltung der örtlichen Friedhöfe und Anpassung an die Anforderungen und Anregungen aus der Bevölkerung. Immer wieder werde man bei Grabpflegearbeiten von Angehörigen auf die Möglichkeit der Bestattung unter einem Baum auf dem Friedhof angesprochen, so Magda Gerlach und Rita Rieß. „Die Beisetzungen auf dem Waldfriedhof finden zwar großen Zuspruch, jedoch trifft diese Bestattungsform nicht auf die Gegenliebe aller Mitmenschen. Viele Angehörige wollen eine Bestattung auf dem Friedhof ihres Wohnortes, ohne den Hinterbliebenen die Sorge und Arbeit um die Grabpflege bei einer langen Liegezeit aufzubürden. Für Angehörige, die nicht vor Ort leben oder aufgrund körperlicher Schwächen nicht in der Lage sind, ist diese Pflege daher oft ein großes Problem“, berichtet Magda Gerlach aus etlichen Gesprächen mit Friedhofsbesuchern. Diesen Anregungen gerecht zu werden, suchten die Mitglieder des Arbeitskreises und die Parlamentarierinnen Rita Rieß, Gabriele von Bechtoldsheim und Magda Gerlach nach Lösungen und besuchten Friedhöfe in Lich und Hungen, die Bestattungen unter einem Baum und innerhalb von Memoriam-Gärten ermöglichen.

Der Memoriam-Garten gleicht einem schön gestalteten Garten, der zugleich Teil des Friedhofs ist. Darin eingebettet können sich Urnen- und Erdbestattungen wiederfinden.

Bei einem Memoriam Garten wird die Planung und Pflege dauerhaft von einem Gärtner übernommen, da hier bei einem Erwerb einer Grabstelle die Kosten für die Dauergrabpflege enthalten sind. Die Angehörigen sind somit von der Grabpflege entlastet.

In der letzten Parlamentssitzung dieser Legislaturperiode im Februar dieses Jahres mündeten die Ergebnisse des Arbeitskreises in einem umfassenden Antrag der SPD -Fraktion zur Bereitstellung und Gestaltung von Flächen für Urnenbestattungen unter einem Baum auf allen Wölfersheimer Friedhöfen – in Wohnbach und Berstadt gibt es diese Bestattungsform bereits – und gleichzeitiger Einbindung von Flächen für noch zu planende Memoriam-Gärten. Diesem Antrag wurde, bei Enthaltungen der übrigen Parteien, mit den Stimmen der SPD-Mehrheit zugestimmt.
Mit diesem Beschluss wird nun eine Urnenbestattung unter einem Baum noch in diesem Jahr auf jedem Friedhof der Gemeinde Wölfersheim möglich sein. Die Planung für die Gestaltung und Umsetzung der Modalitäten für die Memoriam-Gärten, z. B. die Gewährleistung für die damit verbundene Dauergrabpflege, bedarf längerer Vorarbeiten. Unsere Friedhöfe sind aber nicht nur Orte, an denen man trauert und ein Grab pflegt, sie sind auch Orte des Austauschs. Auch in Pandemiezeiten kann man auf einem Friedhof mit Abstand und an der frischen Luft noch ein Gespräch mit einem anderen Friedhofsbesucher führen. Umso wichtiger ist es, dass die Friedhöfe gepflegt sind und auch genügend Sitzmöglichkeiten vorhanden sind.

Laut Rücksprache mit Bürgermeister Eike See arbeitet die entsprechende Fach-Abteilung bereits an einem Entwurf, der dann in einer der kommenden Parlamentssitzung vorgelegt und zur weiteren eingehenden Beratung, gemäß dem Antrag der SPD-Fraktion, in die jeweiligen Ausschüsse verwiesen wird.

Mit dieser umfassenden Erweiterung der Bestattungsformen werden Hinterbliebenen neue Möglichkeiten der Bestattung für ihre Angehörigen geboten. Besonders der Sorge um Grabpflege wird Abhilfe geschaffen. Gleichzeitig wird dem Wunsch, eine würdige und schöne Grabstelle als Ort des Erinnerns und Gedenkens zu erhalten, mit dieser Neugestaltung Rechnung getragen. Sofern die Memoriam-Gärten umsetzbar wären, bedeutete dies auch eine optische Aufwertung der Friedhöfe. Es entstehen damit lebendige Orte des Gedenkens. In Zeiten großer Mobilität wird so für die Angehörigen ein Stück Heimat bewahrt.