Bürgermeister Eike See:

Am 4. März 2018 wurde Eike See zum Bürgermeister unserer schönen Gemeinde gewählt. Seine Amtseinführung fand einen Monat später am 9. April 2018 statt. Durchgesetzt hatte er sich damals mit 67% der Wählerstimmen gegen zwei weitere Kandidaten. Mittlerweile sind etwas mehr als drei Jahre seiner ersten Amtszeit vergangen. Wir finden, dass es Zeit für eine Halbzeitbilanz ist.

Herr See, Sie waren vor Ihrer Wahl zum Bürgermeister schon mehrere Jahre als Finanzleiter bei der Gemeinde Wölfers heim tätig und somit in sehr viele Projekte eingebunden. Gab es trotzdem etwas, dass Sie überrascht hat?

Eike See: Es war ein großer Vorteil, dass ich schon sieben Jahre bei der Gemeinde gearbeitet habe. So war ich über alle großen und auch über die meisten kleinen Projekte informiert, kannte meine Mitarbeiter und wusste auch, wie die politischen Gremien funktionieren. Ich denke, das war auch einer der Hauptgründe, warum mich die Wölfersheimer Bürgerinnen und Bürger gewählt haben. Überraschungen gab es daher keine. An dieser Stelle möchte ich noch einmal einen ganz großen Dank an meinen Vorgänger Rouven Kötter aussprechen. Seine hervorragende Arbeit über zehn Jahre hinweg und seine Einarbeitung haben mir nicht nur den Start erleichtert, sie haben auch dazu geführt, dass es zu keinem Stillstand kam.

Es ist auffällig, dass Sie sehr viel informieren, ob per Pressemitteilungen oder per Video. Warum machen Sie das in dieser Intensität?

In Wölfersheim ist das doch der Standard. Natürlich haben wir mit unseren VLOGs, die wir seit zwei Jahren regelmäßig auf YouTube veröffentlichen, ein neues Medium geschaffen. Grundsätzlich kann man doch sagen, dass auch vor meiner Zeit die Bürgerinnen und Bürger sehr gut informiert wurden. Ich sehe das als wichtig und richtig an. Unsere Bürger sollen wissen, was bei uns passiert. Das schafft Identifikation mit der Gemeinde und Transparenz.

Kann man es als Bürgermeister allen recht machen? Man müsste ja meinen, dass alle zufrieden sind, wenn man so offen und transparent seine Arbeit darlegt.

Nein, das kann man nicht. Es liegt in der Natur der Sache, dass, egal was man macht, man immer mal wieder an den Punkt kommt, an dem jemand mit etwas nicht zufrieden ist. Je mehr Projekte man realisiert, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass jemand nicht zufrieden ist.

Können Sie hierzu ein konkretes Beispiel nennen?

Ja, klar. Wir haben im Januar den neuen Kindergarten neben dem Rathaus (KiTa Löwenherz, Anm. der Redaktion) eröffnet. Hierdurch konnten wir 45 neue Betreuungsplätze schaffen und die Ortsmitte weiter beleben. Durch die neue KiTa stehen nun hinter dem Rathaus vier Parkplätze weniger zur Verfügung. Hierüber gab es schon eine Beschwerde. In Wohnbach haben wir einen Spielplatz neugestaltet. Hierfür haben wir alle Wohnbacher Kinder angeschrieben und nach Vorschlägen gefragt. So konnte der Spielplatz nach den Wünschen der Kinder gestaltet werden. Im Gegenzug gab es eine Beschwerde, dass nun mehr Lärm auf dem Spielplatz ist, da dort jetzt mehr Kinder spielen. Auch die REWE-Ansiedlung reiht sich hier ein. Wir haben etliche Millionen Euro durch den Grundstücksverkauf eingenommen und schaffen, wenn das Lager steht, Hunderte von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in unserer Kommune. Die Kritik an der Ansiedlung war trotzdem da. Das sind nur drei Beispiele, die zeigen, dass es nicht möglich ist, es allen recht zu machen.

Gab es ein Projekt im Laufe der letzten drei Jahre, das Ihnen besonders viel Spaß gemacht hat?

Am meisten Spaß hat mir gemacht, dass wir so viele Sachen umgesetzt haben. Ob das kleinere Projekte wie die Liegebänke in allen Ortsteilen oder größere wie die gerade angesprochene KiTa in Wölfersheim, das neue Außengelände der Södeler KiTa, die vielen Maßnahmen rund um den Melbacher Sportplatz, die Neugestaltung der Wohnbacher Turn- und Sporthalle oder die Arbeiten rund um den Berstädter Tanzhof waren. Alle Projekte waren wichtig für die Ortsteile und führen zu einer nachhaltigen Verbesserung unserer Infrastruktur. Besonders freut es mich, wenn meine Mitarbeiter etwas mitgestalten können, wie dies auf ganz hervorragende Weise rund um unsere neue Schutzhütte am Wölfersheimer See geschehen ist, in der man auch Hochzeiten oder Taufen durchführen kann. Aber auch die vielen kulturellen Veranstaltungen wie die Konzerte mit Albert Hammond und Pete Lincoln, unseren Kinosommer oder die 16 Tage Sommer am See waren absolute Highlights, die trotz der Pandemie, sicher durchgeführt werden konnten.

Pandemie ist das richtige Stichwort. Wie sehr beeinflusst dieses furchtbare Virus Ihre tägliche Arbeit?
Corona beeinflusst täglich unsere Arbeit. Es erschwert fast all unsere Bauprojekte, da immer wieder Lieferschwierigkeiten entstehen oder ein Handwerker in Quarantäne ist. Im KiTa-Bereich haben wir über den kompletten Winter wöchentlich darum gekämpft, den Betrieb so gut es irgendwie ging aufrechtzuerhalten. Ich kann vor all meinen Erziehern und vor meiner KiTa-Fachbereichsleiterin nur den Hut ziehen. Alle machen einen grandiosen Job und gehen seit mehr als einem Jahr immer wieder komplett selbstlos bis an ihre Belastungsgrenzen. Ich habe mich riesig gefreut, als meine Erzieher endlich geimpft werden konnten, damit wenigstens das gesundheitliche Risiko bei ihnen eingedämmt werden konnte. Ebenfalls merkt man fast täglich, dass sehr viele Menschen gereizt oder nervlich angeschlagen sind. Ein Jahr Kurzarbeit, Homeoffice, keine Konstanz in Schul- und Kita-Betreuung, im schlimmsten Fall Todesfälle in der Familie und auch leider oft ein politisch nicht nachvollziehbarer Zick-Zack-Kurs auf Bundes- und Landesebene haben starke Spuren hinterlassen. Ich hoffe für uns alle, dass wir so schnell wie möglich wieder mehr Normalität in unserem Leben haben.

Das ist absolut nachvollziehbar. Lassen Sie uns lieber über etwas Erfreuliches reden und einen Blick in die Zukunft werfen. Was sind Ihre Ziele für die nächsten drei Jahre?

Da gibt es einige. Für manche werden drei Jahre auch nicht reichen, wie zum Beispiel die Reaktivierung der Bahnstrecke nach Hungen. Darüber hinaus gibt es aber noch viele weitere tolle Projekte, die ich unbedingt realisieren möchte. Eines davon ist die Breitbandversorgung für alle Ortsteile. Das Projekt wird mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen und uns digital fit für die Zukunft machen. Selbst verständlich möchte ich auch unser Kulturprogramm weiter ausbauen. Ebenfalls möchte ich sowohl Wohnraum als auch Bauplätze für Unternehmen schaffen. Leider legt uns unsere Landesregierung hier riesige Steine in den Weg. Ich bin aber trotzdem zuversichtlich, dass wir Lösungen finden werden, um weiter bezahlbaren Wohnraum und Bauplätze anbieten zu können. Natürlich sollen auch unsere Hochbauprojekte, wie die neue Turnhalle in Södel und das gemeinsame Feuerwehrgerätehaus für Melbach und Södel, die Sanierung der Wohnbacher Feuerwehr oder der Berstädter Mehrzweckhalle, in drei Jahren weit fortgeschritten oder im besten Fall sogar abgeschlossen sein. Wir bearbeiten aktuell mehr als 40 Projekte. Diese kann ich leider hier nicht alle aufzählen, da dies den Rahmen sprengen würde. Viele von diesen Projekten werden unsere Gemeinde nachhaltig verbessern, wie zum Beispiel die Erweiterung unseres Solarparks am See oder die Aktionen „Wölfersheim blüht auf“, „Wölfersheim fährt Rad“ oder „10.000 Bäume für 10.000 Wölfersheimer“. Eine noch wichtigere Aufgabe wird es sein, nach der Pandemie unsere Vereine zu unterstützen. Viele Vereine haben Angst um ihre Zukunft. Ich möchte als Bürgermeister aktiv mithelfen, dass es nach Corona weitergeht. Ein Wölfersheim ohne ehrenamtliche Vereinsarbeit ist für mich nicht vorstellbar.

Bei dieser Vielzahl an Projekten ist es mit Sicherheit schwer, auch einmal abzuschalten. Wie erholen Sie sich von der Arbeit?

Meine Frau und auch meine Eltern und Schwiegereltern unterstützen mich unfassbar gut in meinem Job. Dank dieser Hilfe kann ich mich zum Glück immer noch einigermaßen fit halten und beim Sport abschalten. Da klingelt kein Handy und ich bekomme den Kopf ganz gut frei. Aber auch meine zwei Töchter sorgen dafür, dass ich sehr schnell nicht an die Arbeit denke, wenn ich nach Hause komme … auch wenn das an manchen Tagen mindestens genauso anstrengend ist wie die Arbeit (lacht).

Eine Abschlussfrage: Sie haben drei Wünsche frei, was wünschen Sie sich für unsere Gemeinde?

Das Ende der Pandemie und vor allem Zufriedenheit und Gesundheit für uns alle. Der Rest kommt von allein.

Danke für das Interview.